Geoblocking im e-Commerce adieu – Halbgare Lösungen ahoi
Geoblocking war bisher für viele ein Fremdwort. Es wurde “bestenfalls” ein Thema, wenn am Urlaubsort Spotify oder Netflix den Dienst verweigerten wegen “Rechteproblemen im Ausland”. Dieses Problem ist mittlerweile gelöst. Als nächstes hat sich die EU das Geoblocking im e-Commerce vorgenommen. Das war für viele Deutsche vermutlich ein selten erlebtes Thema. In Kürze ist Geoblocking im e-Commerce nicht mehr erlaubt. Was bedeutet Geoblocking denn nun und welche Konsequenzen hat die neue Geoblocking-Verordnung für Online-Händler?
Im Sinne eines gesamteuropäischen Marktes will die EU verhindern, dass es nach dem 03.12.2018 von einem Anbieter verschiedene nationale Webshops gibt, die nur für die Einwohner des jeweiligen Landes zur Verfügung stehen. Denn womöglich könnten für Kunden aus Land A attraktivere Konditionen gelten als für Kunden aus Land B. Ziel ist folglich, dass Kunden beim grenzüberschreitenden Einkauf von Waren und Dienstleistungen in der EU nicht mehr diskriminiert werden sollen. Im Grundsatz ein löbliches Ziel. Nur ist die Umsetzung ist weder ein “Selbstgänger”, noch hilft sie wirklich beim Erreichen des gewünschten Ziels.
Geoblocking – Was ist ab dem 3.12.2018 verboten?
Im Grundsatz ist es einfach. Für Bürger der EU und des EWR wird auf folgende Gründe einer Diskriminierung abgestellt: Staatsangehörigkeit, Wohnsitz oder Ort der Niederlassung des Kunden:
- Der Zugang von Interessenten aus einem anderen Mitgliedstaat auf einen Webshop darf anhand der vorstehenden Kriterien nicht mehr beschränkt werden;
- Interessenten, die den Webshop in einem anderen Mitgliedstaat besuchen, dürfen anhand der vorstehenden Kriterien nicht ohne ihre aktive Zustimmung auf einen Webshop umgeleitet werden;
- Es dürfen aufgrund der vorstehenden Kriterien nicht unterschiedliche Verkaufsbedingungen (insb. Preise, Zahlungs- und Lieferbedingungen) für Kunden zur Anwendung kommen;
- und schlussendlich dürfen auf Grundlage der Kriterien keine unterschiedlichen Bedingungen für einen Zahlungsvorgang angeboten werden (z.B. nur Vorkasse für Osteuropäer).
Was bedeutet das für Betreiber von Onlineshops?
Zu Punkt 1: Es ist ganz einfach. Sie dürfen einem Besucher aus der EU, z.B. aus Griechenland, nicht den Zugang zu Ihrem deutschen Webshop verwehren. Sie müssen deswegen die Webseite jedoch nicht auf Griechisch oder einer anderen EU-Sprache anbieten. Sprachversionen sind also in der Praxis weiterhin zulässige Barrieren, um das Geoblocking-Verbot zu umschiffen.
Was laut Geoblocking-Verordnung nicht verboten ist: Sie können weiterhin einen Shop auf Deutsch mit Konditionen für diesen Shop haben und einen Shop auf Bulgarisch mit anderen Konditionen. Sie müssen lediglich auch dem bulgarischen Interessenten erlauben, im deutschen Shop kaufen zu können und vice versa.
Aber Achtung: Das Verbot gilt auch für Shopping-Apps! Wer also eine App z.B. nur im deutschen Apple-App-Store anbietet, verstößt gegen die Vorgabe.
Zu Punkt 2: Wenn Sie Webshops in den EU-Ländern A und B anbieten, dann darf eine Umleitung zwischen den Shops nur mit Zustimmung des Besuchers erfolgen. Eine automatisierte Umleitung eines deutschen Besuchers vom österreichischen Webshop auf den Deutschen ist damit unzulässig.
Zu Punkt 3: Jetzt wird es schwierig. Bei aller Harmonisierung des Rechtes in der EU gibt es keine Harmonisierung der Verbraucherrechte. Das gilt schon gar nicht im eCommerce, auch wenn man dies aufgrund der Flut der Richtlinien erwarten würde. Sie haben also das Problem, dass AGB für Deutschland, im Regelfall z.B. nicht den französischen, italienischen oder polnischen Gesetzen genügen. Sie dürfen nun den Hochseilakt vorführen, nicht diskriminierende AGB zu entwickeln, die nationalen Vorgaben genügen. Indes wird es ein wenig vereinfacht. Denn Ansatzpunkt für eine unzulässige Diskriminierung müssen Staatsangehörigkeit, Wohnsitz oder Ort der Niederlassung des Kunden sein. Details sind leider unklar und die EU hat hier leider die Auswirkungen nicht so recht bedacht.
Kann man die Geoblocking-Verordnung umgehen?
Aber was ist, wenn Sie Ihre Ware nur nach Deutschland versenden wollen und gar keine Lust haben, Kunden in der gesamten EU zu beliefern? Dann bieten Sie diesen Kunden nur die Abholung der Ware in Ihrem Lager an. Eine m.E. im Ergebnis offensichtliche Umgehung der von der EU gewünschten Ziele, aber eine Stand heute zulässige Variante. Die Richtlinie gilt nur für den Zugang zu Angeboten sowie deren Verkauf und nicht für den Versand.
Zu Punkt 4: Hier ist es wieder einfach: Einheitliches Angebot der Zahlungsmittel für alle EU- und ERW-Bürger.
Hat das Geoblocking-Verbot auch Relevanz für B2B?
Primär gelten die oben aufgeführten Regelungen für B2C-Angebote. Sie finden jedoch unter bestimmten Voraussetzungen auch für B2B-Geschäfte Anwendung. Und zwar, sofern der Abnehmer die erworbene Ware oder Dienstleistung nicht einsetzen will, um sie anschließend weiterzuverkaufen, umzuwandeln, zu verarbeiten, zu vermieten oder an Subunternehmer weiterzugeben. Die Gretchenfrage lautet daher: B2B-Erwerb zum Eigenverbrauch? Wenn ja, dann gelten die vorstehenden Vorgaben, andernfalls nein.
Ausnahmen bestätigen die Regel
Die Regelungen gelten nicht komplett für alle Waren und Dienstleistungen. Ausgenommen sind: Gesundheitsdienstleistungen und andere soziale Dienste, Finanzdienstleistungen, der Verkauf von Transportleistungen für Personen wie Flug-, Bus-, Schiffahrt- und Zugticktes. Mietwagen unterfallen der Regelung, was alle deutschen Urlauber in Südeuropa freuen wird, wenn sich die Anbieter an die Vorgaben halten sollten.
Ferner gilt die Geoblocking-Regelung nicht für den elektronischen Vertrieb bestimmter urheberrechtlich geschützter Produkte, für elektronisch angebotene Dienstleistungen von Kleinunternehmern im Sinne des Umsatzsteuerrechtes, für einzelne Waren, die gesetzlichen Verkaufsbeschränkungen unterliegen können (z.B. Alkohol, Tiere, Pflanzen) sowie Bücher mit nationaler Preisbindung. Aber keine Ausnahme von der Ausnahme (wäre ja auch zu einfach): Im Grundsatz gelten auch hier die Verbote 1, 2 und 4, nur nicht immer und komplett.
Ebenfalls nicht ausgenommen ist das Diskriminierungsverbot bei Zahlungsmethoden, d.h. die Akzeptanz einer eigentlich angebotenen Zahlart darf nicht deswegen verweigert werden, weil die Zahlungskarte in einem anderen EU-Land ausgestellt wurde oder die Zahlung über eine in einem anderen EU-Land niedergelassene Bank abgewickelt wird.
Am Rande: Das gilt natürlich auch für den stationären Handel!
Im Grundsatz ist die Einhaltung der Geoblocking-Vorgaben – mit Ausnahme des Themas AGB – kein Hexenwerk und im Übrigen stehen Anwälte zur Verfügung.
Dr. Oliver Gießler betreut als Anwalt seit mehr als 20 Jahren Unternehmen im IT-Recht und ist bei Hanselaw in Hamburg Fachanwalt für IT-Recht der ersten Stunde. Für das B2B- e-Commerce-Blog von silver.solutions schreibt er über aktuelle Themen im IT-Recht und erläutert diese auf unterhaltsame Art und Weise.
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